Unternehmenskultur: “Bossing Attacken”: Wenn der Chef mobbt

Patricia Hinsen-Rind
24. Januar 2018
Unternehmenskultur: “Bossing Attacken”: Wenn der Chef mobbt

“Bossing” ist “Mobbing” vom Chef. Kurzer sprachlicher Abstecher: Genau wie “Mobbing” ist “Bossing” jedoch kein echter englischer Begriff. “Mobbing” existiert nicht als englisches Wort, auf Englisch ist das Wort das diese Art Handlung bezeichnet “bullying”. Und “Bossing”? Das Wort “bossing” gibt es zwar, aber es bedeutet im Englischen “einen auf Chef machen”. Es impliziert nicht zwingend, dass der Chef mobbt.

Sprachliche Nuancen beiseite, handelt es sich bei “Bossing” um ein häufiges, ernst zu nehmendes Problem. Bossing-Opfer werden verunsichert und psychisch angegriffen, ein regelrechter Psychoterror. Bei den Betroffenen beginnt es mit Frust, führt zu immer größerer Verunsicherung und kann schlussendlich zu Burn-Out, Depressionen und sogar Suizid führen. Menschlich gesehen ist diese Art Schikane katastrophal. Wem dies allein als Grund nicht reicht, dem sollte spätestens ein Blick auf die resultierenden Kosten einen Schrecken einjagen.

Die Zahlen sind erschreckend, sind doch laut BAUA (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin) in 40 Prozent von Mobbing-Fällen die jeweiligen Vorgesetzten die Verursacher. In weiteren 10% mobben Kollegen und Chefs gemeinsam. Im Klartext: In der Hälfte aller Mobbingfälle sind die Vorgesetzten beteiligt!

Rechtlich gesehen besteht übrigens kein Unterschied zwischen den beiden Formen dieser Gemeinheit. Der Gegensatz zwischen “Bossing” und “Mobbing” besteht lediglich in der Beteiligung des Vorgesetzten.

Arbeitsrechtlich sind beide Verhaltensformen schwer zu beweisen, weil sie oft sehr subtil sind. Sie spielen sich in einem schwer greifbaren, zwischenmenschlichen Gebiet ab und wenn der Chef mobbt, ist dies eine ungleich schwierigere Situation, als wenn es “nur” der Kollege ist.

Warum tun Vorgesetzte so etwas? Es muss ihnen doch klar sein, dass diese Art des Handelns schädlich für das Unternehmen ist. Dass Produktivität und Betriebsklima darunter leiden. Dass zusätzliche, unnötige Kosten verursacht werden.

Wie im Falle der Sachbearbeiterin, die regelmäßig Ziel von Sticheleien seitens ihrer Vorgesetzten ist.

Zum Beispiel

• wird sie häufig vor dem Rest des Teams für ihre “Fehler” “ermahnt”.
• schaut die Vorgesetzte sehr demonstrativ auf die Uhr, wenn die Mitarbeiterin zur Toilette geht oder sich einen Kaffee holt.
• wird die von ihr geleistete Arbeit bis ins kleinste Detail kontrolliert und regelmäßig im Beisein von Kollegen abgewertet.

Das traurige Ergebnis ist eine Mitarbeiterin, die häufig krank ist und mit Depressionen kämpft. Die daraus resultierenden Kosten für Mensch und Betrieb sind enorm.

Besonders tragisch für Bossing-Opfer ist, dass die Gründe für das Bossing in den meisten Fällen gar nicht bei ihnen, sondern bei dem Vorgesetzten liegen.

Häufig lösen z. B. fehlende Führungskompetenzen Bossing-Attacken aus. Oder Vorgesetzte sehen den Mitarbeiter möglicherweise als Konkurrenz. Manchmal ist sogar Langeweile ein Bossing-Grund.

Oft ist Bossing aber auch eine bewusst gewählte Taktik, um schwer kündbare Mitarbeiter zu zermürben und sie damit “los zu werden”.

Für die meisten Betroffenen ist die einzige Möglichkeit des Entkommens eine Versetzung oder ein Wechsel des Arbeitgebers.

Im nächsten Blog: “Vom Regen in die Traufe” – Versetzung ins “Sterbezimmer”

Quellen: Institut für Markt- und Sozialforschung, Spiegel.de, Zeit.de, Focus.de

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