Unternehmenskultur: “Vom Regen in die Traufe” – Versetzung ins “Sterbezimmer”

Patricia Hinsen-Rind
31. Januar 2018
Unternehmenskultur: “Vom Regen in die Traufe” – Versetzung ins “Sterbezimmer”

Besonders tragisch ist, wenn die ersehnte Versetzung eines Bossing-Opfers ins “Sterbezimmer” führt. Denn oft ist Bossing auch Stufe eins einer bewusst gewählten Taktik um schwer- bzw. nicht kündbare Mitarbeiter zu zermürben. Wenn diese Taktik nicht den gewünschten Erfolg (sprich die Kündigung) bringt, dann kann Stufe zwei eventuell das “Sterbezimmer” sein.

“Sterbezimmer” sind Abstellgleise. Räume, in welche unliebsame aber unkündbare Mitarbeiter abgeschoben werden. Oft finden sich lediglich ein Tisch und ein Stuhl darin. Manchmal ein Telefon auf dem niemand anruft. Häufig ist nicht einmal ein Internetanschluss, geschweige denn ein PC vorhanden. Oft liegt das “Sterbezimmer” in einem verlassenen Gebäudeteil. Der Mitarbeiter ist darin buchstäblich zum Nichtstun verdammt.

Meistens ist die Zermürbung des Arbeitnehmers das Ziel. Der Arbeitgeber möchte ihn loswerden, kann es aber nicht weil z. B. Kündigungsschutz besteht. Also stellt der Arbeitgeber den unerwünschten Mitarbeiter aufs Abstellgleis, um damit dessen Kündigung zu forcieren.

Man hört von “Sterbezimmern” im öffentlichen Dienst, bei großen Konzernen oder Banken und bei Unternehmen mit einem starken Betriebsrat. In Fällen bei denen das “Sterbezimmer” zum Einsatz kommt, sind Entlassungen nicht möglich weil es sich um z. B. Beamte handelt oder weil ein Kündigungsschutz mit dem Betriebsrat vereinbart wurde. Eine besonders perfide Anwendung des “Sterbezimmers” ist dessen Einsatz bei Mitarbeitern, die unter besonderem Kündigungsschutz stehen, wie z. B. weibliche Führungskräfte die Kinder bekommen oder Menschen mit Behinderungen.

So landen alle möglichen Menschen im “Sterbezimmer”. Häufig sind sie tatsächlich “Bossing-Opfer”, aber auch nach Umstrukturierungen oder Fusionen sind Stellen oft entweder überflüssig oder doppelt besetzt.

Für den betroffenen Mitarbeiter ist diese Situation eine ganz besondere Hölle. Sie macht psychisch krank, die Leere zerfrisst die Betroffenen buchstäblich. Den ganzen Tag “totschlagen” zu müssen, jeden Tag, über Wochen, Monate oder sogar Jahre. Diese Menschen leiden unter dem Gegenteil vom “Burnout”, dem “Boreout”. Sie langweilen sich quasi “zu Tode”.

Rechtlich gesehen können Betroffene klagen. Sie können sich vor dem Arbeitsgericht eine ordnungsgemäße Beschäftigung erkämpfen. Aber laut vielen Gewerkschaften haben diese Menschen davor Angst. Angst, die sie daran hindert, den Arbeitgeber zu konfrontieren. Und so fristen sie ihr Dasein in der Bedeutungslosigkeit des “Sterbezimmers”.

Es gibt keine Statistiken über die Häufigkeit von “Sterbezimmern”. Ihre Kosten für die Betroffenen, die Krankenkassen und die Gesellschaft sind daher schwer zu beziffern. Schätzungen zufolge handelt es sich hier um Summen in Millionenhöhe.

Die Ursachen von psychischen Erkrankungen werden nicht ermittelt, sondern erscheinen lediglich unter dem Sammelbegriff “Psychische Störungen” in der Statistik. Daher können die Krankenkassen die tatsächlichen Kosten nicht genau beziffern. Schätzungen der GEK zufolge, entstehen durch Mobbing jährlich wirtschaftliche Schäden zwischen 15 und 25 Milliarden Euro. Wenn nur ein Prozent davon “Sterbezimmer-Fälle” sind, dann ist das ein Schaden von astronomischer Höhe. Bei 15 Milliarden wären das 15.000.000.000 Euro!

Die absolute Ironie! Wenn das Ziel des Sterbezimmers erreicht ist und der Betroffene kündigt, dann gibt es meistens drei Monate lang kein Arbeitslosengeld – weil man selbst gekündigt hat!

Quellen: Institut für Markt- und Sozialforschung, Spiegel.de, Zeit.de, Focus.de

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